Mitternachtsflug von Perth
nach Brisbane - ich sollte diese Flüge vermeiden wenn ich kann. Monika und
wenig Schlaf ist keine gute Kombination! Ich verbringe den ganzen Tag shopping
und geniesse Brisbane. Hätte nie gedacht, dass ich diese Stadt mögen würde aber
ich tue es.
Am nächsten Tag geht es auf
einen Bustrip von Brisbane nach Wandoan - ca. 6h Fahrt. Dort werde ich von
meinem neuen Arbeitgeber Michael Rayner und seiner Tochter Maria abgeholt und
zum aktuellen Campspot gefahren. Wir sind total 6 Leute: Michael, seine Frau
Anne, Tochter Maria und uns Helfer Joe, Johanna und ich. Zudem ein Truck mit
Caravan im Schlepptau - der Truck ist aufgeteilt in Vorderteil mit 2 Betten und
hinterer Teil mit Dusche, Wassertank und Kühlschränke. Der Caravan ist Familie Rayner's
Haus. Dann ein Toyota Parado mit einer Art Campervan im Schlepptau, das als
unsere Küche und Vorratsschrank dient und auch ein Zelt mit Bett sein kann.
Zudem haben wir einen Toyota Landcruiser Ute mit dem wir den Pferdeanhänger mit
allem Sattelzeug etc und ein Quadbike. Last but not least ist der grosse
Wassertruck, den Michael jeden Tag mindestens 2x auffüllen muss, um allen
Rindern genügend Wasser zu geben. Das ist der Leben für fast ein Jahr.
Abgesehen von all diesen Fahrzeugen haben wir 7 Arbeitshunde und sogar 4 kleine
Welpen. Zudem 17 Pferde und um die 1000 Rinder (Kühe, Stiers, Ochsen, Kälber).
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEigtZQAtMOLGhh8tO_usE59O19dx4Fo6cDxMIHN2ObeSB08miHkUWFmzOx-PaBHp_bXFj3_sr_R6UsKY7ApROI5vhfHYcfbdO5ieCZwWLt65rRQIJ_PmaLw_N9LWLN2eERk-GqYa3lfYTk/s1600/DSC05343.JPG) |
unser Camp |
Für mich fängt ein komplett
neues Leben an - ein Leben "on the Road". Vielleicht sollte ich hier
erklären, was "Droving" - Rindertreiben ist: Zu Zeiten, wenn es noch
keine Trucks gab, wurden alle Rinder mit Pferden von A nach B getrieben, um
verkauft zu werden oder zum Schlachthof zu gehen etc. So genannte "Stock
Routes" - Viehstrassen, entstanden. Diese existieren immer noch - werden
aber heutzutage als normale Verbindungsstrasse genutzt. Droving existiert immer
noch aber mit all den Roadtrains hat es nicht mehr denselben Stellenwert. Da
Australien jedoch immer wieder von Dürren geplagt wird und diese Dürren über
Jahre anhalten können, sind viele Rinderfarmer gezwungen, andere Massnahmen zu
ergreifen. Familie Rayner's Farm ist in Dürrenzeiten für ein paar Jahre und
zuzuschauen, wie die Rinder vor den eigenen Augen sterben ist hart. Die
Rinderpreise sind zudem so niedrig, dass Verkaufen keine Option ist! Somit
hatten die Rayner's 2 Optionen: Droving oder mehr Schulden und versuchen die
Rinder mit Heu etc. zu füttern, was jedoch ein Vermögen kostet da alle anderen
Farmer in den selben Schuhen stecken. Die Entscheidung fiel auf Droving und
innerhalb 4 Wochen die Rayner's waren unterwegs mit 1200 Rindern Richtung
Norden, wo die Dürre weniger fortgeschritten ist und wo es am Strassenrand noch
Gras hat.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEivaWcSHm9b53ffp2n1ROasH6HONb5DiXN2J9jB6-Q6eO-SW6bhx6__Fv8m_mVTsnvmn3Xbsdxc9jxA2YX5qkuBVF7SZyye-SUDQsEB3svk_HQAlZlwErK7Egv35gI_RPb5xOAc6ZRZ18k/s1600/DSC05426.JPG) |
Rinder on the Road |
Damit ihr es euch ein
bisschen besser vorstellen könnt, hier ein Tagesablauf:
Wir stehen auf wenn die Dämmerung einsetzt, füttern die Pferde, Poddycalf
(Kalb, dass Mutter verloren hat oder Mutter nicht annimmt), Frühstück und dann
satteln wir unsere Pferde (Jeder von uns hat 2-3 Pferde und wir rotieren jeden
Tag). Alle Pferde sind Pat Parelli Pferde. Pat Parelli ist extrem bekannt in
Natural Horsemanship. Wir reiten fast alle Pferde nur mit Halfter - toll!
Nachdem wir ein paar Minuten mit den Pferden gearbeitet haben (Groundwork),
gehts ab in den Sattel und wir öffnen den Nachtpferch (elektrischer Zaun) und
lassen die Rinder raus. Einige der Arbeitshunde arbeiten für uns Helfer und wir
haben diese mit uns und mit den richtigen Kommandos und Pfeifen (so lange die
Hunde motiviert sind), arbeiten diese auch für uns :-) Ist recht interessant zu
sehen wie 1000 Rinder aus einem Pferch laufen. Jeden Morgen Michael sagt uns
wie viele Kilometer wir den Rindern geben. Zum Beispiel ist es einmal 1km am
Morgen und dann nach Mittagessen einen weiteren Kilometer oder es ist 5km total
oder sogar 9 km. Kommt darauf an, wie viel Gras ist. Somit einer von uns geht
zum Lead (Front) und die andere Person ist beim Tail (Schlusslicht). Die Lead
Person reitet so weit bis die genannte Distanz erreicht ist (Gefühl) und stoppt
die Rinder dort. 1000 Rinder verstreuen sich recht gut. Die Lead Rinder sind
immer dieselben und ich lernte recht schnell welche mir immer eine harte Zeit
geben und weiter vorwärts gehen wollen obwohl gutes Gras in deren Rücken ist.
Somit verbringt man die ersten 20 Minuten damit die Front zu halten wo man sie
halten will. Ist einfach wenn die Strasse und die Zäune rechts und links davon
nicht zu breit ist. Manchmal ist die Strasse 10m breit und manchmal ein paar
100m. Macht einen grossen Unterschied und mit 10m bin ich meistens nicht mehr auf
meinem Pferd und jage die Rinder zurück bei Fuss. Mit 100m bin ich auf dem
Pferd und habe die Hunde. Nach ca. 20 Minuten beruhigen sich die Rinder und
wissen nun, dass es im Moment nicht weiter geht und fangen an zu grasen. Von
dann an ist es meistens ruhig und ich lese oder schlafe - immer mit einem Ohr
bei den Rindern. Das geht so den ganzen Tag und immer wieder hast du Rinder,
die versuchen an dir vorbeizugehen und zum frischen Gras zu gelangen. Manchmal lösen
wir einander ab für Mittagspause, manchmal bringt jemand Lunch zu dir. Jeder
Tag ist ein bisschen anders. Am Nachmittag geben wir den Rindern neues Gras und
das ganze Spiel fängt von vorne an. Die Person am Schlusslicht normalerweise
hat einen einfachen Tag und muss am Ende des Tages die Rinder zum Pferch
treiben, welcher die Person an der Front oder jemand anderes baut. Gegen 17h00
treiben wir die Rinder und die frei laufenden Pferde in deren Nachtpaddock. Je
nach dem wo wir sind, müssen wir jeden Tag Camp wechseln und alle Fahrzeuge zum
nächsten Campspot verschieben. Manchmal haben wir das Glück und können ein paar
Tage am selben Ort bleiben. Ist immer viel hektischer, wenn wir Campspot
wechseln müssen...
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgrl4MoDHyFRMD3fzX_Wg4DeIooeB4JQEaoeqvAmalLh63s3KhkyPcSvpS21EyoK1yXxjT-TaOfYKkEEL3-LpVDvYtEcNGKrU6vUFRBN6FpyTIe3MWpOkH1iiggSZHpTMHzmJvHAAZvyus/s1600/DSC05470.JPG) |
Pushing Rinder zum Nachtpaddock |
Ihr seht nun, die Tage sind
ausgefüllt aber doch hat man viel Zeit mit Nichtstun wenn die Rinder gut sind.
Manchmal verbringt man 9h am Tag mit nur Rinder hüten und nichts anderes.
Andere Tage ist mehr Action und die Rinder brechen aus, gehen durch Zäune oder
was auch immer. Hier sieht man dann wie nützlich es sein kann, gute
Arbeitshunde zu haben! Unglaublich, was diese Hunde können! Jeden Abend haben
wir ein Lagerfeuer und kochen alles in Campovens. Mhmmmmm. Anne verbringt die
Tage grundsätzlich mit Marea und Schule. Anne bekommt alle Bücher etc und
unterrichtet Maria in deren Caravan. Nicht der einfachste Job kann ich euch
sagen. Marea ist eine sehr abenteuerlustige und kann-nicht-still-sitzen 5
Jährige, welche lieber mit ihrem Pony Maggie Rinder treibt. Sie macht es uns
nicht einfach :-) Meine Tage variieren von Rinderarbeit zu helfen mit Marea,
kochen, Nachtpaddock erstellen, etc.
Ich lerne viel während
diesen 6 Wochen on the road. Lerne viel über Rinder, Pferde, Leben on the Road
etc. Ich durfte extrem gute Pferde reiten, lernte mit der Verantwortung für
1000 Rinder umzugehen (wie z.B. einen
Nachtpaddock zu bauen, der genug gross ist für 1000 Rinder und 17 Pferde und
doch nicht zu gross dass wir Land verschwenden) und Krisensituationen
frühzeitig zu erkennen. Zudem lernte ich so viele tolle Leute kennen und hörte
so viele Lebensgeschichten. Grundsätzlich eine perfekte Lebenserfahrung! Nach 6
Wochen jedoch war es dann Zeit weiterzugehen und etwas neues anzufangen.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEje953ZAKxMeI3U2xwA73tBaRXZ3TBtrZXG4-z2jKqyTJxWSOduolcMqpoG01n4UvTqc3ylZ1qJonOu2gpSwWd02_fbwn5kLDiMX5KuaV1GAN9zUG57ooznQfkttHqD7WW6TFbyOmuu88g/s1600/DSC05864.JPG) |
Cabaret und ich |
Ich entschuldige mich für
mein schlechtes Deutsch - ist hart für mich im Moment mein Englisch arbeitendes
Gehirn auf Deutsch umzustellen und vor allem die vielen Erfahrungen während
Droving in ein paar Zeilen zu verwandeln. Für alle die interessiert sind in
meine Droving Zeiten oder meine ganze Australien Reise, wir können gerne
zusammensitzen wenn ich wieder zurück bin oder ihr schreibt mir eine Email etc.
:-) Wie ihr wisst, ich rede gerne :-)